Mann, Frau, Buch


Im traditionellen Buchmarkt herrscht Heteronormativität. Mann liebt Frau, Frau liebt Mann, so haben wir das immer schon gemacht, das lassen wir uns nicht kaputtmachen, da könnte ja jeder kommen.

Und das erstreckt sich nicht nur auf die Inhalte, sondern auch auf deren Produzent(inn)en. Einen Roman zu lesen, in dem ein Mann aus der Perspektive einer Frau schreibt – womöglich noch in der Ich-Form –, wirkt nach wie vor befremdlich, vor allem wohl deshalb, weil es kaum vorkommt. Unweigerlich stellt der Leser sich die Frage, ob der Autor hier wohl geheime Phantasien ausgelebt und das Manuskript möglicherweise in Strapsen und High-Heels getippt hat.

Noch abschätziger ist die Reaktion gegenüber Frauen, die aus der Sicht männlicher Protagonisten schreiben. Was verstehen die denn schon von echten Kerlen? Woher wollen die wissen, wie Männer ticken? Männer reden ja schließlich nicht über ihre Gefühle, schon gar nicht mit Frauen. Wenn also eine Frau über einen Mann schreibt, ist der entweder ein Weichei oder sie eine Lesbe.

Grundsätzlich ist man in der Literaturbranche – und damit meine ich die großen Publikumsverlage – nach wie vor der Meinung, dass jeder über das schreiben soll, womit er sich am besten auskennt. Da die überwiegende Anzahl belletristischer Titel von Frauen gekauft und gelesen wird, ist es auf jeden Fall marktwirtschaftlich sinnvoll, eine weibliche Protagonistin zu haben, mit der die Leserinnen sich identifizieren können.

Meine Agentin berichtete mir von einer Verlagslektorin, die grundsätzlich keine Romane annimmt, in denen die Hauptfigur männlich ist. Und das Manuskript einer Autorenkollegin wurde neulich mit dem Argument abgelehnt, es sei „schwierig, dass Sie als Frau für Frauen schreiben, aber eine männliche Hauptperson haben“.

Wer als Autor(in) von diesem überlieferten Muster abweichen will, muss also zu Tricks greifen. Im Zweifelsfall empfiehlt sich ein Pseudonym: „Viele Frauen lesen Romane. Die meisten Männer nicht. Frauen lesen Romane von Frauen und Männern. Die meisten Männer nicht. Schlägt ein Mann einen Roman auf, hat er gern einen männlichen Namen auf dem Cover, das ist irgendwie beruhigend”, sagt die amerikanische Autorin Siri Hustved.

Von Gender Mainstreaming und Diversity sind wir also auf dem traditionellen Buchmarkt offenbar noch sehr weit entfernt. Das könnten wir jetzt beseufzen, aber letztlich sind wir alle ja Teilnehmer dieses Marktes, als Autor(inn)en wie als Leser(innen), und weil jeder Markt sich über Angebot und Nachfrage reguliert, haben wir es in der Hand, wohin die Entwicklung geht.




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